BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

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DeniGW – Standort- und klimaabhängige Faktoren der Denitrifikation im Grundwasser

Land / Region: Weltweit

Projektanfang: 01.07.2024

Projektende: 30.06.2027

Projektstand: 11.11.2024

Das Bild zeigt jemanden, der eine Glasflasche mit einer Wasserprobe mit einer manuellen Crimper verschließtN₂-Argon Probennahme im Tschad Quelle: BGR

Projektüberblick
Als Denitrifikation werden mehrere, hauptsächlich natürliche, mikrobiologische Prozesse in Boden und Grundwasser verstanden, die für den Abbau von Nitrat sorgen. Hohe und z.T. noch steigende Publikationszahlen zeigen ein weiterhin großes Interesse an dem Thema. Mit der Novellierung der Grundwasserverordnung vom 22.07.2022 sind die Bundesländer verpflichtet bis Ende 2025 die bisher in den Grundwasserleitern abgelaufene Denitrifikation zu bestimmen und zu melden. Die dazu beste verfügbare Technik ist die N₂-Argon-Methode, die auch im Geozentrum implementiert ist. Durch reine Nitratmessungen im Grundwasser lassen sich nur begrenzt Aussagen über den Eintrag und den Abbau machen. Diese bestimmen auf der anderen Seite aber die Stickstoffbilanz im Grundwasser.
Hier setzt das Projekt “DeniGW” an. Es sollen an mehreren Standorten in unterschiedlichen Klimazonen Nitratabbauvermögen erkundet und dadurch wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse über die unterschiedlichen Prozesse erlangt werden. Es ist bekannt, dass sich die Bakterienaktivität beim Nitratabbau bei ca. 10°C Temperaturzunahme verdoppelt. Auf der anderen Seite spielt Bodenfrost eine wichtige Rolle, weil dadurch die Denitrifikation in den Wintermonaten quasi ausgesetzt ist und hohe, pulsartige Nitratbelastungen im Frühjahr auftreten können. Die Klimaabhängigkeit der Denitrifikation soll anhand unterschiedlicher, von der BGR bereits untersuchter Standorte (z.B. Tschad, Jordanien, Paraguay und Deutschland) erkundet werden. Somit sollen zukünftige Änderungen durch den Klimawandel Einzug in die Prognose von Denitrifikationsraten erhalten.

Nitrataufbau und Variabilität
Für die Prognose des Nitratabbaus im Grundwasser sind genaue Kenntnisse über den Eintrag notwendig. Dafür ist neben der Sickerwassermenge die Nitratproduktion durch Nitrifikation im Boden die entscheidende Größe. Die Nitrifikation in landwirtschaftlich genutzten Böden ist von vielen Faktoren, vor allem aber von Stickstoffdüngung und Managementmaßnahmen abhängig. Daher variiert sie von Schlag zu Schlag, aber auch kleinräumig (cm-Skala) ist sie hoch variabel. Auch zeitlich ist sie durch die Abhängigkeit von Temperatur und Bodenfeuchte unterschiedlich. Die Variabilität werden wir in dem Projekt untersuchen und beschreiben, um sie in den Modellen zum Eintrag von Nitrat ins Grundwasser nutzen zu können.

Denitrifikation interdisziplinär gedacht
Nur mit der genauen Beschreibung des Eintrages können auch Legacy-(„Vermächtnis“)-Effekte untersucht werden, durch welche Nitratkonzentrationen auch in Zukunft weiter steigen könnten, auch wenn der Eintrag gleich bleibt oder sogar rückläufig ist. Andererseits ist die Aktivität der nitratabbauenden Bakterien auch abhängig von der Verfügbarkeit von Reaktionspartnern, bei autotropher Denitrifikation durch Sulfidoxidation, z.B. durch Pyrit. Hierbei spielt jedoch nicht immer die absolute Menge von Pyrit im Aquifer eine Rolle, es kann unter Umständen durch Bildung von Coatings an Kornoberflächen zu einer nur teilweisen Umsetzung, und dadurch zu einem früheren Ende der Denitrifikation kommen. Ein zweiter zentraler Aspekt des Projektes ist daher die Untersuchung der Endlichkeit des Abbauvermögens von Nitrat.
Die Untersuchungen in Deutschland stützen sich auf langjährige Zeitreihen der BGR im Fuhrberger Feld bei Hannover und aus dem Bourtanger Moor im Emsland. Dort sollen einerseits die Beobachtungsreihen von über 20 Jahren fortgesetzt werden. Andererseits wird das geophysikalische Verfahren der Oberflächen-NMR (surface nuclear magnetic resonance) eingesetzt, um dessen Eignung zur nicht-invasiven Abschätzung der Tiefe der Denitrifikationsfronten zu bewerten. Voran gegangene Experimente haben gezeigt, dass die Verteilung der NMR Relaxationszeit im Untergrund eine Indikation für die Verteilung von Pyrit liefern kann. Zusammen mit geplanten mikroskopischen und geochemischen Analysen von Pyriten an verschiedenen Bohrkernen aus Norddeutschland lassen sich Umwandlungsraten und Verlagerungen von Fronten noch besser quantifizieren und unterschiedliche denitrifikationsbestimmenden Parametern herausarbeiten.

Die Abbildung zeigt drei Diagramme: Kernanalyse (Pyrit-Gehalt mit der Tiefe) und Oberflächen-NMR-Ergebnisse (Relaxationszeit und Wassergehalt mit der Tiefe)Korrelation von Pyrit-Gehalt und Oberflächen-NMR Relaxationszeit, sowie Wassergehalt mit der Tiefe Quelle: BGR

Nitratausträge
Komplementär zu diesen Aktivitäten soll der Nitrataustrag von Grundwasser in Oberflächenwasser wie dem Steinhuder Meer in Niedersachsen erforscht werden. Je nachdem wie sich Nitratkonzentrationen entwickeln muss mit erhöhten Eutrophierungsraten gerechnet werden. Dafür wird neben Lanzen-Beprobungen im Strandbereich des Steinhuder Meeres auch eine feste Multilevel-Messstelle installiert, um exakt dieselben Punkte wiederholt beproben zu können und dadurch Rückschlüsse auf die kleinskaligen Änderungen der Hydrochemie zu ziehen.

Fazit
Das Thema Denitrifikation ist Teil der BGR Strategie 2025+, in welcher explizit die Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Grundwasser und umgebendem Gestein ausgeführt wird, um räumliche und zeitliche Entwicklungen von Grundwasserinhaltsstoffen, wie z.B. Nitrat, zu bestimmen und zu bewerten. Durch die enge Vernetzung zwischen Disziplinen von Grundwasser, Bodenkunde und Geophysik wird der interdisziplinäre Ansatz dieses BGR Projektes zu einem globaleren Verständnis des Stickstoffkreislaufes beitragen. Das erworbene Wissen dient nicht nur den Bundesländern und Wasserversorgern, sondern zielt auf die Prognosefähigkeiten ab, um Aussagen über Veränderungen von Nitratkonzentrationen im Grundwasser treffen zu können.

Literatur:

Peer-reviewed papers

  • COSTABEL, S., HILLER, T. & HOUBEN, G.J. (2023): Nuclear magnetic resonance at the laboratory and field scale as a tool for detecting redox fronts in aquifers. - Geophysics, 88(2): KS13-KS25. DOI: 10.1190/GEO2022-0127.1.
  • HOUBEN, G.J., POST, V.E.A., GRÖGER-TRAMPE, J., PESCI, M. & SÜLTENFUß, J. (2021): On the propagation of reaction fronts in a sandy aquifer over 20+ years: lessons from a test site in northwestern Germany. - Water Resources Research, 57(8), e2020WR028706. DOI: 10.1029/2020WR028706.
  • HOUBEN, G.J., SITNIKOVA, M.A. & POST, V.E.A. (2017): Terrestrial sedimentary pyrites as a potential source of trace metal release to groundwater – A case study from the Emsland, Germany. - Applied Geochemistry 76, 99-111. DOI: 10.1016/j.apgeochem.2016.11.019.

Partner:

Kontakt:

    
Dr.-Ing. Leonard Stöckl
Tel.: +49-(0)511-643-3375

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